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Das Treffen mit Margarete, großem Zauberer und blauem Herrgott

Rudolf Slawitschek

Der phantasievolle Erzähler Slawitschek, der aus dem so bewunderten Kreis der Prager deutschen Literatur stammte, hat auf den ersten Blick mit Südböhmen nicht viel zu tun. Er wurde in Prag geboren, arbeitete hier als Beamter, unterrichtete in Dìèín/Tetschen. 1910 besuchte er aber während einer Dienstreise Èeský Krumlov/Krumau, und es passierte nichts weniger, als daß er sich hier in schöne Margarete, die Tochter des Verwalters der Schwarzenberger Herrschaft, verliebte. Sie heirateten, zeugten eine Tochter, und wenn nach mehreren Jahren der Tod durch die spanische Grippe nicht gekommen wäre, hätte man das Interesse am Böhmerwald ganz einfach erklären können, und zwar durch Familienbeziehungen. Zu dem südböhmischen Dreieck Èeské Budìjovice/Budweis - Èeský Krumlov/Krumau - Prachatice/Prachatitz fühlte sich Slawitschek auch nach dem Tod seiner Frau hingezogen, und 1923 heiratete er in Èeské Budìjovice/Budweis wieder. Seine zweite Frau stammte auch aus Èeský Krumlov/Krumau und hieß, damit es genügend geheimnisvoll ist, auch Margarete.

Wahrscheinlich als Medikament gegen das Lebensunglück (nur am Rande: mit 35 fiel er aus einer Straßenbahn und wurde gelähmt) erzählte er seiner Tochter Märchen über den großen Zauberer Katzenschlucker. Der mußte, damit er weise wurde, aus Èeské Budìjovice/Budweis eskortiert werden und sich in einem Schneckenhaus nicht weit von einem Tor in Prachatice/Prachatitz ansiedeln. Das Buch „Anastasius Katzenschlucker, der große Zauberer“ erschien 1928 und blieb bis heute eines der weisesten und bildhaftesten Kunstmärchen, die in Böhmen je geschrieben wurden.

Ein weiterer Beweis über Slawitscheks besonderes Treffen mit Südböhmen ist die Tatsache, daß noch ein Jahr vor dem Katzenschlucker sein erster Roman „Der blaue Herrgott“ mit Hilfe von Stifters Museum in Horní Planá/Oberplan erschien. Er wurde nach einem Kreuz benannt, das an dem Weg aus Èeský Krumlov/Krumau auf den Gipfel des nahen Berges Kle»/Schöninger stand. In seiner Geschichte und Atmosphäre werden das Elbgebiet um Dìèín/Tetschen und die Landschaft um Èeský Krumlov/Krumau „in eine Idyle, je weniger wirklich, desto ersehnter wie ein Bild aus dem alten Böhmen“ (Robert N. Bloch) verbunden.

Eine Idylle? Bezüglich Slawitscheks Ende können wir heute nur raten. Nach einigen Zeugenaussagen wurde er während der bewegten Maitage 1945 in seiner Prager Wohnung ermordet, nach anderen wurde er damals im Masaryk-Staatsstadion in Strahov von „strammen“ Revolutionären erschlagen.

„Prachatice, das bedeutet Rudolf Slawitschek. ...Anastasius Katzenschlucker ist ein Herzbruder aller Romantiker und Neuromantiker aus Prachatice/Prachatitz, aller sich nach einem Verschmelzen mit Menge sehnenden Verlassenen, aller sich nach Ruhen sehnenden Wanderer - Ryba, Brentano, Kr¹ka, Zeyer, Zrzavý und auch des Verstoßensten von ihnen ...Weiner.“

Martin C. Putna, 1996

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2008-10-23 18:12:17  Anastasius Katzenschlucker (Reinhard Forst)

2005-10-09 08:04:09  das kunstmarchen (CHRISTIANNE HOLOM)

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