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Mit allen Gliedern, Herz und Seele ein Einklang mit Stadt, Dom und Orgel

Adam Michna von Otradovice

Das Kleeblatt der größten tschechischen Dichter des 17. Jahrhunderts (Komenský - Michna - Bridel) findet in dem Bürger aus Jindřichův Hradec/Neuhaus seine Grundlage und seinen Schwerpunkt. Dieses eigenartige, höchst empfindliche und dabei gebildete Mitglied einer Wappenfamilie (in Jindřichův Hradec/Neuhaus schon tief im vorigen Jahrhundert angesiedelt) schrieb sich in das, was man „tschechische Seele“ nennt, mit seinen Liedern tiefer ein als alle anderen. Genauer gesagt: gerade durch sein Werk, seine Worte und seine Musik, wurde die tschechische Seele erneuert und für lange Jahrhunderte auch genährt.

Wer war er eigentlich? Romantische Sucher dramatischer Verwicklungen müssen von seinem Leben enttäuscht werden. Er lebte ruhig, materiell gesichert und fromm. In den Jahren 1611-1617 lernte er bei den Jesuiten in Jindřichův Hradec/Neuhaus. Schon in seiner Jugend wurde er in der Stadt durch sein Talent zum Orgelspiel bekannt, und ab dem Jahre 1633 wirkte er als Organist der Propstkirche in Jindřichův Hradec/Neuhaus. Durch die Hochzeit mit der reichen Patrizierin Zuzana Cimmermanová sicherte er sich materiell, und weil sie beide wirtschaftlich sehr tüchtig waren, errichteten sie eine gewinnbringende Weinstube. Seine tiefe Frömmigkeit zeigte sich auch darin, daß er als Sodale und Mäzen bei der Gründung des Marienchores an dem hiesigen Jesuitenkolleg beteiligt war.

In der Jahrhundertmitte gab er außer einigen geistigen lateinischen Kompositionen zwei sehr gute tschechische Gesangbücher heraus, d.h. Liedersammlungen für die gewöhnliche Benutzung in der Kirche, und eine „bemerkenswerte musikalisch-dichterische Suite“ (Michal Pospíšil) mit dem Titel „Loutna česká“. In ihren 13 Kompositionen, in ein Ganzes präzise verflochten, konzentrierte er alle seine Erfahrungen und Kenntnisse. Als Grundlage dient eine symbolische Parallele zweier mystischer Hochzeiten: der Jungfrau Maria mit Gott und der menschlichen Seele mit dem Erlöser.

Glauben, Hoffnung, Liebe - und ergänzen wir - Demut wurden zu Brennpunkten in Michnas Weltvision. Allein diese Festigkeit konnte der Last der Zeiten, der Zeit des grausamen Dreißigjährigen Krieges und der späteren und noch grausamerer Zeit, wo man Gott vergessen hat, widerstehen. Václav Adam Michna, ora pro nobis!

Auswahlbibliographie von Adam Michna von Otradovice:
Obsequium Marianum, 1642
Česká mariánská muzika, 1647
Loutna česká, 1653
Svatoroční muzika, 1661
Missa sancti Venceslai, 1669

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