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Mit der Erinnerung an das Křenovicer Großmütterchen, das Moldautal und Italien bis zur Ära der kommunistischen Arbeitslager

Josef Kostohryz

Wenn es im 20. Jahrhundert eine Handvoll standhafter Tschechen gab, war einer von ihnen Josef Kostohryz, ein gebürtiger Křenovicer, ein in sich gekehrter Dichter und ein der Welt die Stirn bietender katholischer Intelektueller. Seine Vorfahren waren Kalkbrenner und Fährleute auf der Moldau unterhalb der Kirche des Hl. Johannes des Täufers, an der Na poušti („In der Wüste“) genannten Stelle in der Nähe von Chřešťovice (Kolschtwitz). Bis zu seinem 14. Lebensjahr lebte er im Haus der Großmutter in seinem Heimatdorf in der Nähe von Bernartice (Bernarditz). Die Realschule schloß er bereits in Prag ab, die Fächer Tschechisch und Französisch an der dortigen Philosophischen Fakultät. Seitdem bewegte sich seine Schaffensinspiration zwischen zwei Polen: dem Erlebnis der heimatlichen Landschaft mit ihren Geschichten, die er beim Federschleißen in der Obhut der weisen Autorität der Großmutter vernahm, und den Geistesturnieren der katholischen intellektuellen Elite in der internationalen offenen Welt.

In den Jahren 1934-36 lehrte er – als Stipendiat der italienischen Regierung – die tschechische Sprache in den osteuropäischen Studienzentren in Rom und Neapel. Noch davor gründete er die berühmte Zeitschrift Řád („Die Ordnung“) und begann aus mehreren Sprachen, vor allem aus den romanischen, zu übersetzen. Seine Neigung zu Italien war kein Zufall, denn die Kultur der lateinischen Welt bildete die Grundlage seiner ganzen Denkweise. Wurde diese bedroht, konnte er nicht untätig zusehen. Im Herbst 1949 verfaßte er „Das Memorandum der tschechischen Schriftsteller über den kläglichen Zustand des tschechischen Kulturlebens“, das mit der Hilfe der italienischen Botschaft an Papst Pius XII. und an politische Vertreter der westlichen Staaten übermittelt wurde. Die Reaktion seitens der kommunistischen Macht ließ zwar mehr als ein Jahr auf sich warten, ihre Intensität übertraf jedoch alle Erwartungen. Zu Beginn des Frühjahrs 1951 wurde er festgenommen und nach einer einjährigen Gefängnishaft, in der er unter den brutalen Verhörpraktiken zu leiden hatte, wurde er im Prozeß gegen die Mitglieder der sog. „Grünen Internationale“ zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Die Erlebnisse in den kommunistischen Gefägnissen und Arbeitslagern Leopoldov (Leopoldsdorf), Jáchymov (Sankt Joachimsthal) und Valdice (Walditz) gingen ihm im Laufe der zwölf Jahre unter die Haut und zeigten ihm die Grausamkeiten der Welt.

Durch seine besten Gedichte (Ať zkamení / „Möge er versteinern“, Mohyly / „Die Grabhügel“, Píseň jitřní ranní modlitba / „Das Morgenlied ein Frühgebet“, Zašlý obraz / „Das verblichene Bild“, Dozpěv k návratu / „Der Nachgesang zur Rückkehr“ und andere) nimmt er die Spitzenstellung in jenem Dreieck , welches er – das mag möglicherweise auch ein wenig widersinnig erscheinen – gemeinsam mit der Poetik von Otakar Březina und Richard Weiner bildet.

Auswahlbibliographie von Josef Kostohryz:
Prameny ústí, 1934
Rekviem, 1944
Ať zkamení, 1947
Jednorožec mizí, 1969
Přísný obraz, 1970
Eumenidy, Mnichov 1981
Melancholie, Mnichov 1985, Praha 1991
Strmá nenaděj, samizdat 1987, oficiálně 1994

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