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Ein Recke (und) ein südböhmischer Bauer

Josef Holeček

Das alltägliche Bauerntum, das Holeček als ein gebrechliches Kind eines Bauern aus Stožice in seiner Kindheit kennenlernte, verwandelte sich in seinem Herzen in eine Essenz der archetypischen, ursprünglichen, „noch nicht verdorbenen“ Beziehung zur Welt. Die in die Stadt verirrte und dem Siechtum längst entwachsene Person eines Journalisten-Recken trug es in sich sein ganzes Leben lang. Die Befürchtungen vor dem Zerfall des ländlichen Geistes, die philosophisch vom russischen Slawophilismus (die Slawen in Balkan und Rußland besuchte er mehrmals) gefestigt wurden, wurden zum Brennpunkt seines Denkens.

Holečeks detailliertes Beobachten des dörflichen Lebens, wie er es im umfangreichen Prosazyklus „Naši“ darstellte, bringt viel mehr als das Erfassen folkloristischer Eigenarten oder realistische Beschreibungen. Ähnlich wie die alten slawischen und nördlichen Epen (gerade er übersetzte das riesige karelo-finnische Epos „Kalevala“) steigt er bis dahin hinunter, wo sich der Mensch in seinem Urwesen zeigt. Das Wichtige findet er in den kosmischen Koordinaten eines bebauten Feldes, eines Obstgartens, eines Bienenhauses und des sakralisierten Wortes. Die katholische Tradition ist in diesem bewundernswerten Konzept zwar überall anwesend, doch programatisch, gewollt und oft auch grob, unterdrückt. Als ob sie plötzlich nicht mehr ausreichend wäre.

Auswahlbibliographie von Josef Holeček:
Junácké písně národa bulharského, 1874
Černá Hora, 1876
Černohorské povídky I-II, 1880,1892
Ruskočeské kapitoly, 1891
Kalevala, 1894-95
Zájezd na Rus, 1896-1903
Kanteletar. Národní finská lyrika, 1903-04
Národní epika srbská I-II, 1909, 1913
Naši I – X, 1898 - 1929

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