Voks kalvinistischer
Sekretär, der Barock in der deutschen Poesie geheim anfing Theobald Höck
Er
stammte aus Limbach in der damaligen Rheinland-Pfalz. Seine „nicht vornehme“
Verwandtschaft lockte der Glanz des rudolphinischen Hofes nach Böhmen, und hier begann
sie auch, den Beinamen „von Zweybruck“ eigenmächtig zu benutzen. Theobald Höck
brachte das Angebot, Rosenberger Sekretär zu werden, im Jahre 1600 nach
Třeboň/Wittingau. Was konnte er sich mehr wünschen? Er war 27, wurde zum deutschen
Sekretär von Petr Vok und verfügte über einen beträchtlichen inoffiziellen Einfluß.
Zusammen mit Václav Březan wirkte er als ausschließlicher Berater des Herrschers in
kulturellen Angelegenheiten und machte sich so an der Profilierung und dem Wachstum der
Rosenberger Bibliothek verdient.
In den Musen
versuchte er sich wahrscheinlich schon vor seiner Ankunft in Třeboň/Wittingau, aber erst
Voks Gunst öffnete ihm den Weg zum Druck. Schon ein Jahr nach seiner Ankunft gab er seine
Sammlung reflexiver Gedichte mit dem Titel „Schönes Blumenfeld“ (1601) heraus, die
bis heute in meisten Kompendien zur Geschichte der deutschen Literatur angeführt wird.
Nicht, weil seine Poesie von himmlischer Qualität gewesen wäre, sie brachte aber für
seine Zeit einen neuen Ton und wird deshalb als erste Gedichtsammlung des deutschen Barock
betrachtet. Voks finanzielle Unterstützung trug auch zur Herausgabe Höcks polemischer
Schrift „Commonitorium sive amica ad amicum admonitio“ (1606) bedeutend bei, die auf
den Wiener Durchsetzer der Beschlüsse des Tridentiner Konzils, den jesuitischen Kardinal
Robert Belarmin, zielte.
In dieser Zeit
führte Voks Sekretär schon ein intensives gesellschaftliches Leben und traf sich oft
sowohl mit bekannten deutschen Gelehrten (z.B. mit dem Naturwissenschaftler Oswald Croll
oder dem Historiker Marquard Freher), als auch mit Vertretern der protestantischen
Reichsdiplomatie. Der ambitiöse Anführer der kalvinistischen Reichsstände, Christian
von Anhalt, versuchte sogar, ihn zur Gewinnung eines Teiles der Rosenberger Erbschaft und
zur Vorbereitung des Sturzes der Habsburger vom kaiserlichen Thron zu benutzen. Bei seinem
Mäzenen erfreute sich Höck eines grenzenlosen Vertrauens, und auch das machte ihn ein
Jahr vor dem Tod des Rosenberger Herrschers zum Mitbesitzer des ertragreichen Hofes in
žumberk. Zum anderen Besitzer wurde damals sein Bruder Anastasius, einer von Voks
persönlichen Ärzten. Den Boden von žumberk betraten sie aber auf die schlechteste Art
und Weise, die sie überhaupt wählen konnten. Als Kalvinisten traten sie sehr unduldsam
ihren katholischen Untertanen gegenüber, und eine ihrer ersten Taten war ein
bildstürmerischer Raub im Innenraum der hiesigen Kirche. In den Streit mußten damals das
Kolleg in Český Krumlov/Krumau und der Prager Erzbischof eingreifen.
40 Tage vor
Voks Tod heiratete sein Schützling eine reiche Tochter aus einer hiesigen Ritterfamilie.
Während der Hochzeitsfeierlichkeiten, die auf Rosenberger Kosten veranstaltet wurden,
trank man mehr als 40 Eimer Wein, und der alte Březan charakterisierte damals Höcks
Lebensfrische mit Bitterkeit und Ironie: „Herr Herrscher lag im Leid und Kummer und
konnte keinen Frieden finden. Und diese genossen Wonne, Freude und Lärm durch Tag und
Nacht. Gott sei ihnen dank, daß sie den Greis so schätzten.“
Der Bräutigam
genoß aber die Lebensfreuden nicht lange. Einflußreiche Jesuiten aus Český
Krumlov/Krumau konnten ihm seine kalvinistische Ungezogenheit nicht vergessen, und so
wurde er der Verleumdung der böhmischen Stände und Finanzmachinationen beschuldigt, im
Prager Weißen Turm festgehalten, durch Leiterspannung mit Hüftenverbrennung gefoltert
und zum Tode verurteilt. Die Fortuna verließ ihn aber nicht ganz. Nach dem politischen
Umsturz wurde er befreit und in die Dienste des Winterkönigs Friedrich von Pfalz
katapultiert. Nach der Schlacht auf dem Weißen Berg wartete er auf keine Rache mehr und
verließ das Land in Friedrichs Heer. In den Kriegswirren um Pfalz enden seine
historischen Spuren.
„Einige
von Höcks Gedichten bearbeiten auf eine nahezu barocke Art und Weise die Idee der
Vergeblichkeit und Vergänglichkeit der weltlichen Bemühungen, in einigen davon finden
wir auch Widerspiegelungen der stoischen Philosophie. Seine Poesie können wir als eine
unverbindliche, sinnreiche und dichterisch wertvolle Bearbeitung üblicher Ansichten und
Situationen ohne tiefere Ideenoriginalität charakterisieren, obwohl Höck nie vergißt,
sein „Ich“ hervorzuheben. Es handelt sich um Poesie, deren Lektüre oder Vorlesen
(eventuell auch in Musikform) wir uns an einem adeligen Hof an der Wende vom 16. zum
17. Jahrhundert gut vorstellen können.“
Václav Bok, 1993 |